Dark Light

Mit dem Herzensprojekt den richtigen Beruf finden

Vor allem die Studis der geisteswissenschaftlichen Fächer können es nicht mehr hören:

  • „Und, was willst du damit mal machen?“
  • „Und, wo willst du nach dem Abschluss landen?“
  • „Hättest du mal BWL studiert, wie dein Cousin Jonathan…“
  • „Irgendwas mit Medien, Menschen oder Kultur? Kann man davon leben?“

Die wenigsten von uns gehen von der Schule ab und haben DEN Masterplan für ihr restliches Leben. (Wäre ja wahrscheinlich auch langweilig so…)
Zum Glück bietet uns die Ausbildungsphase (Studium, Freiwilligendienste, Praktika, Auslandsaufenthalte, Nebenjobs, Ausbildung) viel Raum, um sich auszuprobieren und herauszufinden, in welcher Branche oder welchem Beruf man später wirklich glücklich wird.

Eine weitere Möglichkeit ist – ihr ahnt es – ein Passion Project.

Ich möchte jetzt ein paar Gründe aufzählen, warum ich ein Passion Project ganz wunderbar finde, um mehr über sich & seinen Berufswunsch herauszufinden:

Grund 1: Ein PP ist flexibel und kann nach den eigenen Rahmenbedingungen gestaltet werden. Es kann sich zum Beispiel nicht jede/r leisten, in Vollzeit ein unbezahltes Praktikum zu machen oder für ein paar Monate in eine andere Stadt zu gehen, weil es vor Ort keinen Arbeitgeber aus der Wunsch-Branche gibt.

Grund 2: Mit einem Herzensprojekt übernimmt man zu 100% die Verantwortung; im Gegensatz zu Gruppenarbeiten in der Schule oder im Studium, die – sind wir mal ehrlich – doch eh immer in unfairer Arbeitsteilung und passiv-aggressiven-Whatsappnachrichten enden. Bei einem Solo-Projekt bist du gezwungen, Eigenverantwortung zu übernehmen und zu lernen, wie du dein Projekt managst. Das ist ein Skill, der später auf dem Arbeitsmarkt sehr hilfreich ist. Du merkst dabei auch, ob du gerne alleine arbeitest, oder ob du doch ein Teamplayer bist.

Grund 3: Apropos alleine arbeiten: Du kannst dein Passion Project als „Selbstständigkeit light“ betrachten, nur eben ohne das finanzielle Risiko und die Bürokratie. Wenn du einen Blog startest, kannst du damit zum Beispiel simulieren, wie es wäre, als freiberufliche Journalistin oder Autorin zu arbeiten. Dein Projekt kann sogar als Vorbereitung und Basis dienen, um damit wirklich mal Geld zu verdienen (siehe unten).

Grund 4: Ein PP ist unverbindlich: Du kannst es jederzeit ändern oder stoppen, wenn es dir keinen Spaß mehr bringt. Das ist definitiv unkomplizierter, als Studiengänge abzubrechen oder den frisch angetretenen Job nach zwei Monaten zu kündigen, weil man gemerkt hat, dass es doch nicht das Richtige ist…

Karriere machen

Hast du deinen Wunschberuf schon gefunden? Nun, auch hier kann ein Passion Project deiner Karriere dienen. Wenn du planst, um eine Gehaltserhöhung, neue Aufgaben oder eine bessere Stelle zu bitten, brauchst du gute Argumente.

PP als Weiterbildung: Wir wissen alle, dass es „hands on“ mehr Spaß macht, Neues zu lernen, als die graue Theorie zu büffeln. Ein Passion Project ist ein super Anlass, um beispielsweise eine neue Technologie einzusetzen oder eine neue Strategie auszuprobieren. Im Bewerbungsgespräch wird es gut ankommen, wenn du erzählst, dass du dich in diese Technologie schon eingearbeitet hast – und ob das für ein Kundenprojekt oder dein eigenes Spaßprojekt nach Feierabend war, wird keine Rolle spielen.

Um zu zeigen, dass man für das Thema brennt: Wenn du dich in deinem Passion Project mit dem gleichen Thema beschäftigst wie in deinem Brotjob, zeigst du deinen Vorgesetzten, dass du wirklich das richtige Thema für dich gefunden hast und es sich lohnt, in dich zu investieren (zum Beispiel indem man dir eine Aufgabe mit mehr Verantwortung überträgt oder dir eine Fortbildung bewilligt).

Um Abwechslung vom Haupt-Thema zu erhalten: Für diesen Punkt erzähle ich am liebsten die Geschichte eines Bekannten, der sich bei unserem Verein als potentieller Ehrenamtlicher gemeldet hatte. Er hat beruflich in der IT gearbeitet und wir waren total froh, seine E-Mail zu erhalten, weil wir gerade dringend jemanden für unseren IT-Posten suchten. Es stellte sich jedoch heraus, dass er auf gar keinen Fall „was mit Computern“ und stattdessen „was mit Menschen“ machen wollte. Als Ausgleich zu seinem Haupt-Job wollte er sich ehrenamtlich gerne eine soziale Aufgabe suchen. (Das war natürlich völlig in Ordnung und wir konnten den IT-Posten anderweitig besetzen :))

Sich mit seinem Passion Project in einer ganz anderen Richtung zu engagieren kann abgesehen vom Ausgleich noch andere Gründe haben, zum Beispiel wenn man einfach mehrere Interessen hat; oder wenn man sich in neue Bereiche einarbeiten will. Für Vorgesetzte signalisiert man damit zum einen, dass man Selbstfürsorge betreibt, weil man seine Bedürfnisse erkennt und erfüllt; zum anderen kann man damit eine Seite zeigen, die die Chefin vielleicht noch nicht kannte. Angenommen, du bist als Webentwicklerin angestellt und machst für die Website deines Herzensprojekts nicht nur die Programmierung, sondern auch das (natürlich wunderschöne!) Design: Nutz das doch, um bei der Arbeit abwechslungsreichere Aufgaben zu bekommen; oder um dich als Teamleiterin zu bewerben, weil du sowohl die IT- als auch die Designseite kennst und bei Kundenprojekten zwischen beiden Parteien vermitteln kannst.

Soft Skills demonstrieren: Ein eigenes Projekt von A bis Z zu planen und durchzuführen, verlangt eine Reihe von Fähigkeiten: Projektmanagement, Belastbarkeit, Zeitmanagement, Verhandlungsgeschick, Stressresistenz und mehr. Mit einem Passion Project kannst du diese schulen und bist dann bei einer Verhandlung für den Job nicht mehr so nervös.

Raum für eigene Ideen: Die meisten von uns arbeiten im Beruf oder im Studium in Teams und Projektgruppen. Da sind Kompromisse angesagt! Und auch als Selbstständige(r) kann man nicht frei nach Schnauze arbeiten, schließlich haben die Kundinnen Wünsche und konkrete Vorstellung von dem, was du für sie ablieferst. Bei deinem Passion Project, das ganz deiner eigenen Idee entsprungen ist, kannst du deiner Kreativität freien Lauf lassen!

Selbstbewusstsein: Verantwortung für ein eigenes Projekt zu übernehmen, erhöht dein Selbstbewusstsein und Selbstwirksamkeitsgefühl. Das hilft dir beim Umgang mit Kolleg*innen und Vorgesetzten, wenn du zum Beispiel deine eigene Idee vorstellst. Unter Selbstwirksamkeit versteht man, dass ein Mensch in dem Glauben ist, dass er Probleme und Herausforderungen durch sein eigenes Handeln lösen kann. Wenn du deine (selbst gewählten) Herausforderungen gemeistert hast, kann es dir helfen, dich auch in zukünftigen Situationen selbstsicherer zu fühlen.

Fazit: Es lohnt sich! Wer mit dem Gedanken spielt, nach Feierabend nochmal aktiv zu werden und ein eigenes Projekt aufzubauen, wird zuerst an die negativen Seiten denken: Man muss Zeit, Energie und womöglich sogar Geld investieren. Das stimmt natürlich, aber dafür bekommst du ja auch große Mengen an Spaß, Erfahrung, Wissen und Co zurück. Es lohnt sich also auch für die Karriere, ein Passion Project zu beginnen.

Passion Project als Vorbereitung für eine Selbstständigkeit

Selbstständig und selbstbestimmt zu arbeiten ist für viele Menschen ein Traum. Diesen in die Tat umzusetzen, ist aber mit Ängsten und Hindernissen verbunden: Bürokratie, Ämter und Steuern; Finanzen und Businesspläne; Marketing und sein-Angebot-in-die-Welt-schreien; Zeitmanagement und die Balance zwischen Arbeit und Privatleben; achja, und dann natürlich noch die eigentliche Arbeit, die man machen will (zum Beispiel Fotografieren, Designen oder Texten).

Es wäre doch toll, wenn man in einige dieser Bereiche schonmal reinschnuppern könnte, ganz ohne Risiko und den Rattenschwanz, den eine Gewerbeanmeldung mit sich bringt, oder?

Nun, surprise surprise – dein Passion Project kann genau das leisten. Du kannst es als Trockenübung für eine spätere Selbstständigkeit sehen.

Wie das geht? Nun, du überlegst dir eine Projektidee, die zu deinem späteren Berufswunsch passt.

  • Du überlegst, nach dem Studium als freiberufliche Journalistin zu arbeiten? Dann starte doch jetzt schonmal einen Blog.
  • Du würdest irgendwann gerne deine Anstellung als App-Entwickler kündigen und deine Dienstleistungen anbieten? Starte im kleinen, indem du dein erster Kunde wirst und dir eine witzige App programmierst.
  • Du liebst Social Media privat und überlegst, ob du auch beruflich in dieser Branche arbeiten willst? Eröffne einen Account zu deinem Herzensthema und tob dich dort mit den neuesten Tools und Strategien aus.

Mit deinem eigenen Projekt lernst du, dich zu organisieren und wie du am besten arbeitest. Du kannst dir eine Reichweite aufbauen und mit interessanten Leuten netzwerken, die für das gleiche Thema brennen wie du. Du kannst dich ausprobieren und schauen:

Wie funktioniert Social Media, was interessiert die Leute? Wie kann ich meine Idee und meine Vision effektiv kommunizieren? Wie erstellt man sich eine Website und wie präsentiere ich mich und mein Projekt dort? Wie kann ich mir im Alltag Zeit freischaufeln, um mich dem Projekt zu widmen?

Diese Kenntnisse sind unendlich wertvoll! Im Gegensatz zu den „harten Fakten“, die man für eine Selbstständigkeit braucht (Equipment, ein Büro, eine bestimmte Software, ein Geschäftskonto…) sind sie nicht so offensichtlich. Sie bereits vorher auf dem Schirm zu haben, kann dir nur helfen.

Warum als Passion Project und nicht direkt als nebenberufliche Selbstständigkeit/ Side Business?

Puh, da kann ich ausholen. Ich versuche, mich kurz zu fassen:

Grund 1: Man sollte sich nicht unüberlegt selbstständig machen. Ich bin der Meinung, dass man sich nur dann selbstständig machen sollte (und auch eine nebenberufliche Selbstständigkeit ist eine Selbstständigkeit!), wenn man das gut durchdacht hat.

Grund 2: Man kann auch mal etwas „einfach so“ machen, ohne gleich ein Preisschild dranzuhängen. Nicht alles, womit man irgendwie Geld verdienen könnte, sollte auch zum Geld verdienen genutzt werden. Klar, kannst du Banner-Ads und Affiliate-Links in deinen Blogpost einpflegen. Aber lohnt es sich, für ein paar Euro Einnahmen im Monat den bürokratischen Aufwand auf sich zu nehmen UND die Leser*innen zu nerven?! Ich finde nicht.

Grund 3: Mehr Leichtigkeit und Spaß, wenn kein Geld dranhängt. Wenn kein Druck dahintersteht, Geld verdienen zu müssen, dann ist das Projekt viel entspannter. Es ist mal stressig? Lass es halt pausieren. Finanzamt, IHK und Co? Hast du nichts mit am Hut. Kund*innen, die Druck machen oder dich mit Anfragen löchern? Gibt’s nicht.

Grund 4: Du hast (und brauchst) kein Geschäftsmodell. Ein typisches Passion Project (z.B. ein Blog oder ein Podcast) ist KEIN Business-Modell. Wenn du wirklich Geld verdienen willst, brauchst du ein Geschäftsmodell, sprich, ein Produkt oder eine Dienstleistung, die du anbietest. Wenn du deinen Blog als Übung für den Journalismus verstehst, kannst du dich im Schreiben üben und später (!) deine Schreib-Skills als Freiberuflerin für Magazine und Zeitungen anbieten. Das ist dann ein Geschäftsmodell. Der Blog alleine ist keins.

Grund 5: Passion Project und Unternehmung trennen. Wenn du dein Passion Project als Übung genutzt hast, kannst du dich im Anschluss (wenn du so weit bist) „frisch“ und mit einem durchdachten Geschäftsmodell selbstständig machen. Zum Beispiel: Du nutzt dein Projekt als Portfolio und bist jetzt Dienstleister*in. Du hast dir durch ein Projekt einen Namen gemacht und kannst jetzt als Speaker*in oder Berater*in arbeiten. Du weißt, was die Community möchte und kannst jetzt ein passendes Produkt entwickeln. Du hast Kontakte in die Branche geknüpft und kannst schauen, ob eine Firma dich als Freelancer*in anheuern will.

Fazit: Sich selbstständig machen ist gerade hip, keine Frage. Girlboss hier, raus aus dem Hamsterrad da. Doch was von vielen Business-Influencer*innen sehr einfach dargestellt wird, ist in der Realität dann doch ein bisschen komplexer und soll wohl überlegt sein. Wenn du aus deiner Idee erst ein Passion Project machst, kannst du viele Aspekte der Selbstständigkeit schon ausprobieren und die „ernsten“ Seiten erstmal ausklammern.

Passend dazu:

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